EMBODIMENTAL

“Unser Körper ist unser Garten und unser Wille der Gärtner.” (William Shakespeare)

Embodiment ist ein Begriff und eine These aus der neueren Kognitionswissenschaft, nach der Intelligenz einen Körper benötigt, also eine physikalische Interaktion voraussetzt. Embodiment beschreibt somit die Wechselwirkung zwischen Psyche und Körper.

Psychische Zustände drücken sich im Körper aus als Gestik, Mimik, Körperhaltung etc. und Körperzustände beeinflussen psychische Zustände. Beispielsweise haben Körperhaltungen, die aus irgendeinem Grund eingenommen werden, Auswirkungen auf unsere Kognitionen, unsere Beurteilungen und Einstellungen und unsere Emotionalität.

So wie der Geist mitsamt seinem Organ, dem Gehirn, immer in Bezug zum gesamten Körper steht und natürlich weit in den Körper hineinreicht, stehen Geist/Gehirn und Körper wiederum in Wechselwirkung mit der Umwelt. Intelligenz ist also sowohl in den Körper als auch in die Umwelt eingebettet. Unser Körper ist die Grenze und gleichzeitig die Schnittstelle, unser ständiger Sender und Empfänger, Bildschirm, Radar und Spiegel beider Welten.

Der alte Spruch „Der Körper ist der Spiegel der Seele“ gilt hier auch umgedreht: Der Körperausdruck, die Körperhaltung bestimmen umgekehrt auch Kognition und Emotion, also die Seele als Spiegel des Körpers. Unsere Einstellung wird durch die Körperzustände und Gefühle „embodied“ und durch die Umwelt situiert in ständiger, vielleicht sogar gleichzeitiger Wechselwirkung.

In den letzten Jahren sind viele Untersuchungen erfolgt, die den Einfluss des Körpers auf die Psyche und den der Psyche auf den Körper erforschen.

Einige dieser Untersuchungen möchte ich dir kurz vorstellen – es ist so ganz einfach, sich glücklich zu machen! Im Rahmen von Untersuchungen zum Gesichtsfeedback bekamen Versuchspersonen einen Stift quer in den Mund, dass der Lachmuskel zygomaticus major aktiviert ist, in der anderen Gruppe lag der Stift längs in den Lippen, so dass dieser Muskel nicht beansprucht wurde: Die „Lachgruppe“ erlebte nachfolgende Comics wesentlich lustiger als die „Nicht-Lachgruppe“. Das heißt, dass wir also durch die Gesichtsmuskulatur direkten Einfluss auf unsere Stimmung nehmen können und dass hierzu keine vermittelnden kognitiven Prozesse notwendig sind. Allerdings sollte im Alltag dann auch der Augenringmuskel, musculus orbicularis, bewegt werden. Du erinnerst dich vielleicht – darüber habe ich schon im Kapitel über das Lächeln geschrieben:

Bitte, ziehe einfach die Mundwinkel nach oben, spanne die Augenringmuskeln leicht an, so dass dein Herz direkt aus den Fenstern deiner Seele schaut. Ein paar Minuten diese Mimik halten! Erfahre, wie die Freude wieder in dir Einzug hält.

Andere Untersuchungen über Körperhaltungen weisen nach, dass auch das Lächeln eines Gegenübers Einfluss auf unsere Stimmung hat: Lächelst du nicht auch automatisch, wenn dich ein Baby anlächelt? Dank der synchronen neuronalen Aktivität trittst du in Resonanz mit dem Baby – so entsteht eine emotionale Beziehung. Du spiegelst dich in deinem Gegenüber und das Gegenüber in dir. Dein Gehirn reift in einer solchen Situation zu einem wunderbaren Beziehungsorgan.

Andere Untersuchungen weisen auf, dass eine aufrechte oder gekrümmte Körperhaltung Einfluss auf das Durchhaltevermögen bei schwierigen Aufgaben hat. Auch bestimmte Kopfbewegungen – Nicken oder Kopfschütteln – bestimmen, wie wir eine spezielle Situation einschätzen und empfinden.

Durch geeignete Positionierung des Körpers, durch den Atemrhythmus und die Kontraktion oder Entspannung bestimmter Muskeln kannst du also ganz gezielt Emotionen erzeugen. Steh einfach mal auf und probiere aus! Beug die Schultern nach unten, zieh den Kopf zwischen die Brüste und spüre, welche Gedanken und Bilder kommen. Dann richte dich auf, die Flügel wachsen und die Krone schwebt hinunter auf deinen Kopf – wie fühlt sich das an? Im Wechsel kannst du nicht nur die einzelnen Körperhaltungen üben, sondern auch die Wege von einem Zustand in den anderen. So kannst du lernen zu pendeln, um dann schnell die düsteren Automatismen des Alltags in Zuversicht und Würde zu verwandeln.

Der Körper hat somit eine unglaubliche Macht – wie kannst du damit richtig umgehen? Wie kannst du seine Macht lenken? Daran bist du doch bestimmt interessiert, oder? Aus psychologischer Sicht gibt es eine Fülle von Methoden und Techniken, die sich damit befassen, wie man das Potential des Körpers nutzen kann, um die Psyche zu heilen. Mit dem Begriff Selbstmanagement bezeichnet die Psychologie die Fähigkeit eines jeden Menschen, seine Handlungen, seine Gefühle, sein Denken und seine Reaktionen auf die Umwelt so zu koordinieren, dass er sich zielgerichtet und befriedigend durch seinen Alltag bewegen kann.

Maja Storch, gleichermaßen Psychoanalytikerin wie Wissenschaftlerin an der Psychologischen Universität Zürich, schildert offen folgenden Vorfall: Sie hatte vor vielen Jahren einen Lehranalyse-Termin und war mit ihrem kleinen, blauen Honda unterwegs. Ihre Fahrbahn in einer engen Straße war frei, die andere Fahrbahn war zugeparkt. Doch wollte ein Müllauto, das ihr entgegenkam, durch und nutzte dazu „ihre“ Fahrbahn. Flott fuhr sie mit ihrem Honda drauflos, denn sie war straßenrechtlich im Recht. Die Müllmänner fuhren ebenfalls drauflos und machten sich einen Gaudi aus der Situation, dass Maja nicht durchkam. Hinter ihr hupte es schon, sie konnte nicht voran, musste schamvoll rückwärtsfahren, bis sie den Müllmännern den Weg freigegeben hatte. Wie peinlich! Wie frustrierend!

Inzwischen ist Maja Storch anerkannte Forscherin zum Thema Embodiment und Ressourcenfindung mit einer Menge Knowhow in Sachen Selfmanagement. Heute würde sie folgendermaßen handeln:

„Heute würde ich mit meiner Wut anders umgehen. Ich würde, um sie loszuwerden, ein Embodiment wählen, das dem Embodiment der Wut entgegengesetzt ist. Denn, wenn ein Gefühl nicht die passende Verkörperung erfährt, kann es nicht aufrechterhalten werden. Ich würde damit beginnen, ein Embodiment zu erzeugen, das zu einer Stimmung der gelassenen Heiterkeit passt. Wie das entsprechende Ausdrucksmuster genau aussieht, ist individuell verschieden, auch wenn sich bei den meisten Menschen gemeinsame Muster finden lassen. Bei mir wäre hierbei zunächst einmal wichtig, den Brustkorb gaaaaanz weit werden zu lassen und den aufgeregten Atem in regelmäßige Atemzüge zu überführen. Der Kopf müsste sich leicht heben und der Blick müsste ein schweifender Weitwinkelblick werden. Die Arme müssten sich ausstrecken, der Körper müsste beweglich werden, ein bisschen wie beim Salsa-Tanzen und die Beine würden sich strecken wollen, so, wie man das nach einer Jogging-Runde normalerweise tut. Durch solche Maßnahmen würde mein Körper nach und nach die Wut entlassen“.

Sobald du also ein negatives Gefühl bemerkst, erspüre seine Authentizität, verstehe es und lasse es los. Als Kinder haben wir die Glaubenssätze, das Verhalten, teilweise auch bestimmte Körperhaltungen oder Gefühlsreaktionen von unseren Eltern übernommen und internalisiert. So konnten wir als Kinder in einem beinahe hypnotischen Zustand – die Hirnwellenfrequenz von Kleinkindern sind oft im Delta-Bereich von 1 bis 4 Hertz oder knapp darüber – auf unsere Familie und unsere Kultur eingeschworen werden. Darüber haben wir jedoch oft den Zugang zu unseren ureigenen Empfindungen verloren – wir wollten die Sicherheit und Geborgenheit des sozialen Netzes ja nicht gefährden.

Erinnerst du dich, wie du vielleicht wütend warst auf deine Mutter, weil sie deinen Wünschen nicht entsprochen hat oder einfach nur gestresst war und du diesen Zorn unterdrückt hast, um nicht bestraft zu werden oder um ihr nicht zusätzliche Sorgen zu machen? Erinnerst du dich, wie du in der Schule schön brav gesessen hast, obwohl der Unterricht total langweilig war und du dem Lehrer am liebsten deinen Radiergummi entgegengeworfen hättest. Erinnerst du dich, wo du deinem Liebsten sagtest, es mache dir nichts aus, wenn er sich mit deiner besten Freundin treffe – und du den ganzen Abend mit Bauchweh im Bett verbracht hast? Vermutlich fallen dir noch viel mehr Beispiele ein.

Schreib einfach mal deine Lebensgeschichte aus der Sicht deines erkrankten Organs auf: Lass doch mal bitte deinen Magen erzählen, wie das alles war: jeden Tag Stress, Kränkungen, Einschränkungen, Vorsicht, Angst…Kein Wunder also, dass er sich entzündet hat, oder? Als Kind warst du noch ganz Stimmung vom Scheitel bis zur Sohle, authentisch in deinem Körperselbst und deinem Körperausdruck. So gilt es als erstes und immer wieder, den eigenen Körper in seinen ganz individuellen Reaktionen zu erspüren und authentisch zu handeln. Das Gehirn hat sich ja in Entwicklung mit dem Körper gestaltet und seine wichtigste Aufgabe ist somit das Herstellen, Aufrechterhalten und Gestalten von Beziehungen im Körper und somit eine permanente Regulation an die Erfordernisse des Lebens. Dieses sogenannte Körperselbst wird aufrechterhalten durch innere Bilder von Vorgängen, die im Körper ablaufen. Unser Gehirn könnte schon aufpassen, dass wir gesund sind, aber in Irritation mit äußeren Vorschriften und Normen beginnen wir gegen uns selbst zu handeln. Leider haben wir oft gelernt, die Signale aus dem Körper häufig gar nicht wahrzunehmen, zu verleugnen oder zu unterdrücken. Als Kinder haben wir uns an die Vorstellungswelt der Erwachsenen angepasst, teilweise unter Verleugnung der körpereigenen Sinneserfahrungen – dadurch kam es zu einer Abtrennung von Gehirn und Körper. Zum Zwecke der Sozialisation und Eingliederung in die Gemeinschaft werden die inneren Repräsentationen, die das Selbstbild eines Menschen prägen, ganz wesentlich dadurch geformt, was man an Zuschreibungen und Bewertungen von anderen Menschen erlebt und verinnerlicht. Aus diesem Grund enthält das Selbstbild eines Menschen oft Fremd-Komponenten, die nicht mit dem ursprünglichen Körper-Selbst übereinstimmen, das ja durch die eigenen Körpererfahrungen entstanden ist.

Der Weg der Selbst-Heilung ist somit zuallererst einer in die Authentizität unseres Körpers. Und wenn wir die erspüren, aber auch nur dann, können wir den Zustand umgestalten zu unserem eigenen Guten.

Gerald Hüther gibt uns unbedingt Anlass zur Hoffnung:

„Nun zeigt uns aber die Hirnforschung, dass wir zu jedem Zeitpunkt unseres Lebens auch neu konstruieren können, indem wir irgendeines dieser alten motorischen, sensorischen oder affektiven Muster verlassen, also anders zu sehen, zu fühlen oder zu handeln beginnen als bisher. Und wenn es gelingt, auf einer dieser Ebenen ein neues Muster auszubilden, so werden alle anderen Ebenen davon gleichsam „mitgezogen“… Dann würden nicht nur diejenigen neuronalen Verschaltungsmuster umgebaut, die an dieser neuen Leistung beteiligt sind, sondern ebenso auch alle anderen, die damit auf irgendeine Weise in Verbindung stehen. „Kopplung“ nennt die Neurobiologie dieses Phänomen, das jeder Mensch kennt, dem es beispielweise gelingt, sich einen Moment lang in eine glückliche Stimmung zu versetzen… Die Gedächtnisinhalte und die Gefühle sind mit den Sinneseindrücken des jeweiligen Sinnessystems verknüpft, das damals aktiviert worden ist, als das jeweilige Erleben stattfand. Synchrone Erregungsmuster, die durch bestimmte Wahrnehmungen oder Erlebnisse zwischen Nervenzellgruppen in verschiedenen Bereichen des Gehirns immer wieder in ähnlicher Weise entstehen, führen automatisch zur Stabilisierung der entsprechenden Verknüpfungen.“

Damit ein Embodiment seine Wirkung als Methode des Selbstmanagements entfalten kann, ist es unerlässlich, dass du die Verfassung, die du gerne haben möchtest, genau definierst und dir dann zu diesem Verhalten das entsprechende Embodiment selbst erarbeitest.

Sagen wir mal, du möchtest heute gerne unbeschwert spazieren gehen. Du entwickelst dein Bild der Leichtigkeit: Vielleicht hüpfst du, singst, lächelst, rennst von einer Blume zur anderen – phantasiere und gestalte alles aus. Und dann öffne die Türe und setze deine inneren Bilder in Bewegung um!

Oder du möchtest endlich ein vor dir hergeschobenes unangenehmes Gespräch führen: Du modellierst deinen Körper in eine aufrechte Körperhaltung, eine bestimmte selbstsichere Mimik, einen klaren, zielgerichteten Gang – dann übst du eine Weile vor dem Gespräch und dann immer mal wieder, bis sich diese Haltung ganz selbstverständlich um deinen Körper schmiegt.

Schließe bitte deine Augen. Stell dir vor, in deinen Händen liegt ein Klumpen Lehm. Spüre seine weiche, erdige Konsistenz. Ertaste seine Konsistenz und seine Formbarkeit. Bewege den Lehm zwischen deinen Händen – spüre, wie er immer weicher und geschmeidiger wird. Dann forme aus dem Lehm eine Körperhaltung, die dir zum Erreichen deines Zieles dienlich ist. Hauche ihm Leben ein und stell dir vor, wie die Figur mit jedem deiner Ausatemzüge wächst, bis sie deine Größe erreicht hat. Atme weiter aus und schau, wie dein Atemhauch sie in Bewegung bringt, wie sie selber anfängt zu atmen, sich aufzurichten, zu laufen. Wie sie die schwierige Situation mit Auszeichnung meistert. Dann tauche hinein und du selber bist die neue Haltung.

Mit Hilfe der Vorstellungskraft kannst du Sinneswahrnehmungen erwecken und den Körper sozusagen deinem Ziel entsprechend platzieren und gestalten. Vielleicht erlebst du das anfangs noch als unecht und Schauspielerei, aber nach und nach koppelt sich die neue Haltung an bereits existierende Netzwerke an und kommt authentisch über. Dadurch kannst du eine große Macht über deinen Körper entwickeln, denn ein gut gelerntes neuronales Netzwerk kann von jedem seiner Knotenpunkte aktiviert werden. Du hast dann auch mehr geleistet als einfach nur einen neuen Körperausdruck gelernt, sondern du hast dein ganzes psychisches System um ein neues neuronales Netzwerk erweitert. Diesen Vorgang nennt man in der Sprache der Psychotherapie Persönlichkeitsentwicklung. Du hast deine Persönlichkeit und deinen Charakter entwickelt und neu geformt – du bist gereift! Herzlichen Glückwunsch!

Da du eine Haltung im Körper immer nur positiv definieren und einhalten kannst, erfolgt die Zielformulierung stets eindeutig klar und positiv. Du beschäftigst dich mit der detailreichen Beschreibung deines Zieles und nicht mit der Frage, warum dir denn gerade diese oder jene Schwierigkeit passiert ist. Erinnere dich: Wenn ein Kind laufen lernt, dann stolpert es zig, zig Male. Schaut es zurück und betrachtet die Stufe, über die es gefallen ist? Nein, es schaut nach vorne und sieht, wie Mutter weiterläuft – und schon rennt es hinterher. Vielleicht schreit es noch ein paar Minuten und dann – schwups – ist es wieder auf den Beinen. Nie, aber auch gar nie analysiert es seine Situation und oder die Hintergründe des Fallens. Die Kinder schauen einfach nur nach vorne.

Also bitte, nicht erst groß über dein Problem nachdenken, um dann neue Lösungswege zu finden. Wenn du nämlich zuerst die innere Vorstellung von einer gestressten Verfassung aktivierst, musst du sie in einem zweiten Schritt als unerwünscht kennzeichnen. Das entsprechende neuronale Netzwerk wird dann zuerst aktiviert, um dann wieder gehemmt zu werden. „Vom psychischen Energiehaushalt her gesehen entspricht das ungefähr der Taktik, zum Zwecke des Stehenbleibens in einem Ferrari erst den Gang einzulegen, Gas zu geben und dann die Handbremse zu ziehen“, meint Maja Storch.

Wenn du ein spezifisches Embodiment entwickelt hast, darfst du es trainieren, damit das entsprechende neuronale Netzwerk in deinem großartigen Gehirn immer stabiler gebahnt wird. Das heißt, du trainierst tagsüber immer wieder kurz die entsprechenden Elemente von Körperhaltung, Gestik, Mimik und Atemtechnik etc. Du kannst die Körperhaltung oder Bewegung auch mit einem Satz manifestieren. „Ich bin das Glück der Erden“, „Es ist alles wunderbar bereitet“, „Ich erschaff die Welt so, wie sie mir gefällt“ oder „Es geschieht alles zu meinem Besten“ sind sehr beliebte Aussagen in meinen Gruppen und vielleicht ja auch für dich?

Du formst einen Satz, der dich zu deinem Ziel bringt, und sprichst ihn wie ein Mantra vor dich hin. „Mantra“ ist ein Wort aus dem Sanskrit und bedeutet „Spruch, Lied, Hymne“. Mantren können geflüstert, gesprochen, gesungen oder in Gedanken zitiert werden. Das Rezitieren eines Mantras kann dem Freisetzen mentaler und spiritueller Energien dienen, indem es deine Wahrnehmung auf ein positives inneres Bild oder einen heiligen Klang fokussiert, es dadurch aktiviert und im Resonanzraum deines Körpers verbreitet. Du siehst, hier sind wir schon wieder – fast beiläufig – auf eine uralte Heilungstechnik gestoßen. Wiederhole immer und immer und immer wieder die Hymne deines Lebens!

Embodiment ist aber nicht nur sinnvoll, um Probleme zu lösen, sondern auch um die Kreativität zu steigern. Jacob Levy Moreno, der Begründer des Psychodramas, hat schon im ersten Drittel des letzten Jahrhunderts beispielweise Menschen durch Spontanitäts- und Kreativitätstraining geholfen, auf alte Situationen neu oder auf neue Situationen schöpferisch zu reagieren. Wie du bereits erahnst, ist das wirklich Konstante im Leben die Veränderung. Und wir leben in einer sehr schnelllebigen Zeit, die in Sprüngen von Jahrzehnten neue tiefgreifende – vor allem hauptsächlich technische – Revolutionen für unser modernes Leben erschafft. Mehr denn je sind wir gefordert, uns diesen Veränderungen zu stellen, sie kreativ und menschlich zu gestalten, ja vielleicht auch manchmal schon ihnen vorauszueilen. „Wenn sich alles verändert, verändere alles“, heißt das neue Buch von Neale Donald Walsch. Es ist ein Plädoyer für Flexibilität, Wandlungskraft, Kreativität und Transformation. „Ich bin halt aber so und so“!, wirst du vielleicht einwenden. „Nein“, erwidere ich dir eindeutig: Was du meinst, das du bist, bist du vermutlich nicht – das ist anerzogen, übernommen, verinnerlicht oder was auch immer. Genau, deine Pünktlichkeit und Strebsamkeit oder deine Geduld und Langsamkeit, deine Angst vor Spinnen, deine Begeisterung zu fliegen – das alles sind sozusagen neuronale Ensembles, die sich im Lauf deines Lebens in Einklang oder manchmal auch in Revolution zu familiären, gesellschaftlichen und kulturellen Einflüssen entwickelt haben. „Wer oder was bin ich dann, wenn ich nichts davon wirklich bin?“, höre ich dich weiter fragen. Vermutlich ist dies die älteste Frage der Welt, mit der sich, schon MystikerInnen, PhilosophInnen, ForscherInnen, aber natürlich auch ganz normale Menschen beschäftigt haben. Du hast sie ja schon im Kapitel über Quantenphysik zig-mal beantwortet, oder? Wenn nicht, dann ergreife jetzt die Gelegenheit: Wer bin ich? Finde die Antworten jenseits von deinen Prägungen.

Wenn du nicht bist, was du bisher dachtest, das du bist, dann kannst du doch auch werden, was du werden willst. Bist du einverstanden? Du kannst dich und deinen wunderbaren intelligenten Körper schulen, dass du dich zu deinem Wunschziel hin entwickelst. Du bist in der Lage, deinen Charakter zu formen, wenn du das Bild klar vor Augen hast. Dann bereitest du deinen Körper auf den Weg vor. Wenn du dich über den Körper in eine ganz bestimmte körperlich psychische Verfassung versetzen kannst, bist du in der Lage, Dinge auf dich zukommen zu lassen, so dass die unerschöpfliche Quelle des kreativen Potentials, auf die du durch deinen Körper Zugriff hast, dir helfen kann, das Richtige zu tun. Und du hast wie immer eine unendliche Auswahl an psychischen Verfassungen und Gefühlslagen. Paul Ekman, bekannt für seine Forschungen von nonverbaler Kommunikation, hat alleine an die 10.000 Gesichtsausdrücke festgestellt. Erwecke sie, gestalte sie, benutze sie und erlebe die Antworten deiner Umwelt – das Leben ist ein Gewebe, an dem du selber wirkst.

Selbstmanagement in diesem Sinne strebt nicht nach kritikloser Anpassung, sondern erzeugt Freiheit und spielerischen Umgang mit jeder neuen Situation. Früher haben wir bestimmte Haltungen spielerisch gelernt, um uns anzupassen, um nicht aufzufallen oder einen guten Eindruck in unserer Umwelt zu hinterlassen. Heute benutzen wir genau diese Fähigkeit, um uns selber in unserem Sinne zu formen, unser Leben zu gestalten und auch um uns zu heilen. In den Gruppen entwickeln wir beispielweise Rituale des Embodiments für den Morgen, die in einer Körperhaltung des: „Ich bin inmitten meiner Kraft“ Ausdruck finden, Rituale für den Abend, die in einer Körperbewegung des „Ich reinige meinen Tag und erfülle jede Zelle mit Dankbarkeit“ enden, oder auch Rituale der Transformation, die ein Embodimental für die Wege aus der Depression oder Angst mitten ins Glück bahnen.

Damit deine neue Haltung für den Rest deines Lebens hält, nimm sie achtsam wahr, erspüre sie im Körper, übersetze sie in deine eigenen inneren Bilder und verbinde sie mit angenehmen Gefühlen. Schüre das Verlangen, diese gute Haltung wieder herzustellen. Schüre deine Sehnsucht nach Lebendigkeit und Schöpfungstum, nach Glück und Vollkommenheit!

Je stärker dabei die Erregung im Guten – wie natürlich auch im Schlechten – ist, desto enger wird alles neuronal miteinander verknüpft. Um neue innere Zustände zu entwickeln, benötigt dies

  • Aufmerksamkeit,
  • Einbezug von vielen Sinneskanälen,
  • positive Emotionen, am besten Begeisterung, Belohnungen,
  • persönliche Bedeutsamkeit,
  • neuen Lernstoff, aber gute Ankoppelung an bisheriges Wissen,
  • keinen Druck,
  • ausreichende Wiederholungen.

Im Erinnerungsprozess können, je nach momentaner Gefühlslage, auch Gedächtnisinhalte umgeschmolzen, das heißt in einen anderen Zusammenhang oder in einem anderen Licht gesehen werden. Insofern sind neuronale Gedächtnisspuren auch wieder plastisch und veränderbar.

In diesem Sinne erspüre dich und erschaffe dich neu nach deinen Wünschen! Entdecke deine Ressourcen, entfalte dein Potential, erfülle deine tiefsten Sehnsüchte. Mitten in deinem Körper liegen die Schlüssel für das, was du suchst. Tief im Mutterleib hast du Geborgenheit und Entfaltungsfreiheit gleichzeitig erfahren. Dies sind zwei grundlegende Säulen deiner authentischen archetypischen Erfahrung, auf die du stets zurückgreifen kannst. Visualisiere, dass Glück tief in deinem Körper und in deinem Gehirn verankert ist. Erinnere dich!

Beim Kapitel zum Archetyp des Kindes wirst du erfahren, wie du diese Ressourcen erwecken, ja sogar verändern und neu gestalten kannst. Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit gehabt zu haben!